Sandra Müller-Berg:
»Tonal harmony is like a natural force«
Eine Studie über das Orchesterwerk Harmonielehre von John Adams
(sinefonia 4)
236 S., Pb., Notenbeisp.
Der 1947 geborene Komponist John Adams zählt zu den meist aufgeführten und bekanntesten Komponisten der Gegenwart. Mit seinem frühen Streichseptett Shaker Loops (1978) und seiner später entstandenen Oper Nixon in China (1987) erreichte er internationale Anerkennung, die ihn mit der US-amerikanischen Minimal Music verband. Dieser Begriff lässt sich jedoch ab Mitte der 80er Jahre nicht mehr sinnvoll auf seine Musik anwenden. Bereits in seinen Orchesterwerken Harmonium und Grand Pianola Music, die Anfang der 80er Jahre entstanden, beginnt Adams, sich von der Minimal Music abzunabeln. Die wachsende Distanz zu seinen ehemaligen Vorbildern Steve Reich und Terry Riley veranlasst ihn zu der später bekannt gewordenen Bemerkung, er fühle sich wie ein vom Minimalismus gelangweilter Minimalist. Besonders aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang das 1985 entstandene Orchesterwerk Harmonielehre. Adams beruft sich mit dieser Komposition auf die gleichnamige, musiktheoretische Schrift Arnold Schönbergs. Die Analyse dieses für Adams’ kompositorische Entwicklung bedeutenden Werks geht Zitaten aus einzelnen Kompositionen des fin de siècle nach, stellt die Bezüge zu Schönbergs musiktheoretischer Schrift her und erörtert den harmonischen Rhythmus als kompositorisches Formprinzip. Die Studie, die vor allem die akkordharmonische Struktur untersucht, zeigt, dass John Adams’ Musik der europäischen durmolltonalen Tradition weitaus näher steht als der US-amerikanischen Minimal Music. In Verbindung mit seinen Äußerungen aus dem Interview im Anhang wird die Theorie erhärtet, dass dieses Werk als Prototyp der musikalischen Postmoderne gelten kann.
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